Wenn das Leben flackert – und ich die Hand schützend halte
- Kilian Benno Moll
- 6. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Ein Text für alle, die schon einmal geflackert haben

Manchmal sitze ich einfach nur da und schaue in eine Kerze. Kein Ziel. Kein Plan. Nur das leise Flackern vor mir. Und dann merke ich: Diese Flamme erzählt mir etwas. Sie sagt nichts – aber ich höre zu. Irgendwie.
Sie tanzt. Ganz leicht. Fast so, als wüsste sie nicht, ob sie bleiben darf. Oder ob gleich ein Windstoß kommt. Mal strahlt sie, mal zittert sie. Und manchmal – das kennt man – wird sie ganz klein. Als würde sie kurz überlegen, ob es sich noch lohnt. Ob da überhaupt jemand hinsieht.
So fühlt sich das Leben oft an. Wie eine Flamme in einem Raum, in dem immer irgendjemand das Fenster kippt. Ein Gedanke reicht. Ein Blick. Ein Satz. Und schon wird’s unruhig in uns. Wir flackern. Nicht, weil wir wollen – sondern weil das Leben eben zieht. Weil etwas an uns rüttelt. Innen. Außen. Und wir stehen da, versuchen zu leuchten – und merken, wie schwer das manchmal ist.
Und dann kommt dieser Moment. Du spürst: Die Flamme wird schwächer. Nicht weg – aber anders. Leiser. Und da ist diese Frage: Was brauche ich jetzt? Mehr Luft? Weniger Wind? Einen sicheren Ort? Oder einfach jemanden, der neben mir sitzt – still – und mich nicht auspustet?
Ich glaube, wir alle kennen das. Dieses innere Flackern. Dieses Gefühl, dass man fast verlischt. Und trotzdem bleibt da ein kleiner Funke. Etwas, das sagt: „Ich bin noch da. Sieh mich.“ Und dann kommt es auf das Drumherum an. Auf das, was wir oft vergessen: Schutz.
Denn eine Flamme brennt nicht einfach so. Sie braucht einen Raum. Einen Docht. Etwas, das sie hält. Manchmal auch Hände, die einen Hauch Wind abfangen. Jemanden, der sie nicht löscht – sondern deckt. Zärtlich. Respektvoll.
Und wenn sie dann wieder auflebt – größer, wärmer, ruhiger – dann ist da etwas Besonderes. Dann merkt man, dass sie nicht nur Licht gibt. Sondern auch etwas hinterlässt.
Denn irgendwann geht jede Flamme aus. Auch das gehört dazu. Ein leiser letzter Tanz. Dann Rauch. Ein Hauch von „Ich war da“. Und genau dieser Rauch, so flüchtig er auch ist, erzählt die Geschichte. Vom Leuchten. Vom Kämpfen. Vom Dasein.
Was bleibt dann?
Vielleicht ist es nicht das große Strahlen, an das man sich erinnert. Sondern das eine kleine Leuchten, das in einem Moment da war, als es gebraucht wurde. Vielleicht sind es nicht die hellsten Flammen, die wir nie vergessen – sondern die, die flackerten und trotzdem nicht aufgaben. Die, die Schutz fanden. Und dann wieder brannten.
Und ich frage mich: Wenn ich sehe, dass jemand flackert – halte ich die Hand schützend hin? Oder mache ich das Fenster auf?
So ist das Leben. Wie eine Flamme. Zerbrechlich. Lebendig. Und voller leiser Geschichten, die nur sichtbar werden, wenn man hinschaut. Ganz still. Ganz nah.
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