Bore-out – das stille Leise, das laut werden kan
- Kilian Benno Moll
- 27. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Burn-out kennt man. Es ist ein Begriff, der seinen Platz gefunden hat. In Gesprächen, in der Medizin, in den Medien. Und während alle wissen, wie erschöpfend das „Zuviel“ sein kann, kennt kaum jemand das Gegenteil – das „Zuwenig“. Oder besser gesagt: das Bore-out.
Dabei begegnet es mir öfter, als man denkt. Still. Unspektakulär. Und gerade deshalb so gefährlich. Denn wenn der Tag keinen Sinn macht, das Tun keine Spur hinterlässt und das innere Feuer nur noch glimmt, dann kann es sein, dass genau das passiert ist: das innere Ausschalten, das Leerlaufen – das Bore-out.
Es geht nicht um Faulheit. Es geht um ein ständiges Gefühl von Leere. Eine Mischung aus Langweile, Unterforderung und dem stillen Gedanken: „Wozu eigentlich das alles?“ Man sitzt da, macht etwas – oder auch nicht –, aber innen bewegt sich nichts. Kein Echo. Kein Gegenüber. Kein Impuls.
Ich erlebe Menschen, die trotz äußerem „Alltag“ spüren, dass sie innerlich nicht mehr mitgehen. Menschen, die im Job kaum gefordert sind, aber sich nicht trauen, das auszusprechen. Junge Menschen, die vor lauter Strukturverlust in eine digitale Parallelwelt flüchten. Eltern in der Familienzeit, Menschen in der Pension, Menschen zwischen zwei Abschnitten – sie alle erzählen mir von dieser merkwürdigen Leere, die keiner sieht. Und doch da ist.
Die Symptome? Sie ähneln dem Burn-out. Müdigkeit. Schlaflosigkeit. Gereiztheit. Kopfweh. Magenschmerzen. Ein Körper, der sich meldet, weil das Herz keine Sprache mehr findet. Weil das Leben stumm geworden ist.
Was das Ganze so schwer macht, ist die Scham. Wer nichts tut – oder nichts „vorzuweisen“ hat –, fühlt sich schnell falsch. Schwach. Wertlos. Und zieht sich zurück. Gespräche verstummen. Offenheit wird schwer. Das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, frisst sich tief ins Selbstbild. Und irgendwann ist es da – dieses stille „Ich bring ja eh nix“, das wie ein Schatten mitläuft.
Und dann beginnt die Ersatzsuche. Manche lenken sich ab, manche flüchten in digitale Welten, manche verlieren sich im ständigen Konsum. Hauptsache, irgendwas spüren. Irgendwas machen. Irgendwie die Zeit überbrücken.
Doch Zeit lässt sich nicht austricksen. Die innere Sehnsucht bleibt. Nach Sinn. Nach Begegnung. Nach dem Gefühl, lebendig zu sein. Und manchmal reicht schon ein kleiner Moment, ein echtes Gespräch, ein ehrlicher Blick, um etwas in Bewegung zu bringen.
Ich glaube nicht an schnelle Lösungen. Aber ich glaube daran, dass jeder Mensch diesen einen, ganz eigenen Ton in sich trägt. Eine Art innerer Klang, der gehört werden will. Und manchmal, wenn es still genug ist, hört man ihn wieder.
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